Was ist eine EPD?

Die Abkür­zung EPD lei­tet sich von der eng­li­schen Bezeich­nung Envi­ron­men­tal Pro­duct Decla­ra­ti­on ab und wird auf Deutsch meist mit Umwelt-Pro­dukt­de­kla­ra­ti­on übersetzt.

Eine EPD ist ein Doku­ment, in dem die umwelt­re­le­van­ten Eigen­schaf­ten eines bestimm­ten Pro­duk­tes in Form von neu­tra­len und objek­ti­ven Daten abge­bil­det wer­den. Die­se Daten decken mög­lichst alle Aus­wir­kun­gen ab, die das Pro­dukt auf sei­ne Umwelt haben kann. Dabei wird im Ide­al­fall der gesam­te Lebens­weg des Pro­duk­tes berücksichtigt.

Im Bau­we­sen bil­den EPDs für Fach­leu­te, wie Archi­tek­ten und Pla­ner, eine wesent­li­che Grund­la­ge dafür, Gebäu­de ganz­heit­lich pla­nen und bewer­ten zu kön­nen. Aller­dings eig­nen sich EPDs in der Regel nicht dazu, Pro­duk­te direkt mit­ein­an­der zu ver­glei­chen, denn wie umwelt­freund­lich, res­sour­cen­scho­nend oder nach­hal­tig ein Bau­pro­dukt ist, hängt maß­geb­lich davon ab, in wel­chem (Gebäude-)Kontext es genutzt wird.

Im Fol­gen­den haben wir eini­ge Bei­spie­le und aus­führ­li­che­re Infor­ma­tio­nen für Sie zusammengestellt.

Wie umwelt­freund­lich, res­sour­cen­scho­nend oder nach­hal­tig bestimm­te Pro­duk­te oder Mate­ria­li­en sind, hängt auch stark von den Gebäu­den ab, in denen sie ver­baut bzw. ver­wen­det wer­den. Ein Bei­spiel dazu: Ein Iglu wird typi­scher­wei­se von Hand und aus nur einem ein­zi­gen Bau­stoff her­ge­stellt: Schnee – einem umwelt­freund­li­chen Natur­pro­dukt, das voll­stän­dig recy­celt wer­den kann. So gese­hen sind der Bau­stoff Schnee und das Gebäu­de Iglu – aus öko­lo­gi­scher Sicht – nachhaltig.

Das gilt aller­dings nicht grund­sätz­lich, son­dern nur unter gewis­sen Bedin­gun­gen. Denn wür­de man ein Iglu in unse­rer Kli­ma­zo­ne oder gar in den Tro­pen errich­ten wol­len, wo es nur wenig oder gar nicht schneit, müss­te der Schnee unter gro­ßem Ener­gie­auf­wand pro­du­ziert oder impor­tiert wer­den. Außer­dem wür­de das Iglu schon nach kur­zer Zeit schmel­zen, wenn der Schnee nicht gekühlt oder per­ma­nent aus­ge­tauscht wird.

Natür­lich ist das Bei­spiel stark ver­ein­facht, aber es zeigt deut­lich, war­um Bau­pro­duk­te kei­ne End­pro­duk­te sind und dass ihr Ein­fluss auf die Umwelt stark davon abhängt, wie, wo und wofür sie ver­wen­det wer­den. Des­halb sind Bau­stof­fe, die auf den ers­ten Blick umwelt­freund­lich erschei­nen, auch kei­ne Garan­tie für Nach­hal­tig­keit. Und des­halb gibt es EPDs: Sie ent­hal­ten die Daten, die zur Berech­nung und Bewer­tung von Umwelt­ein­flüs­sen im kon­kre­ten Fall benö­tigt werden.

Unser ers­tes Video erklärt die­se Zusam­men­hän­ge noch etwas genauer.

EPDs ent­hal­ten nicht ein­fach irgend­wel­che Schät­zun­gen oder belie­bi­ge Zah­len: Sie basie­ren auf Öko­bi­lan­zen für Bau­pro­duk­te. Eine Öko­bi­lanz sum­miert und ana­ly­siert die Umwelt­wir­kun­gen eines bestimm­ten Pro­duk­tes über sei­nen Lebens­weg von der Roh­stoff­ge­win­nung bis zum ein­bau­fer­ti­gen Pro­dukt. Dabei wer­den auch mit dem Pro­dukt zusam­men­hän­gen­de Pro­zes­se und Fak­to­ren ein­be­zo­gen, wie bei­spiels­wei­se Ver­pa­ckun­gen und Trans­por­te. Zuneh­mend wer­den auch wei­te­re Pha­sen des Lebens­zy­klus berück­sich­tigt, wie Nut­zungs­pha­se, Recy­cling, Wie­der­ver­wen­dung und Entsorgung.

Eine beson­ders wich­ti­ge Eigen­schaft von Öko­bi­lan­zen ist, dass sie nicht eine ein­zel­ne Kenn­zahl oder Bewer­tung lie­fern, son­dern eine Viel­zahl ver­schie­de­ner Umwelt­ein­flüs­se ein­zeln abbil­den. Bei­spiels­wei­se wer­den neben Treib­haus­gas­emis­sio­nen auch Ein­flüs­se wie sau­rer Regen, die Bil­dung von Smog, der Ver­brauch von fos­si­len Res­sour­cen und von Was­ser oder der Recy­cling­an­teil berück­sich­tigt. All die­se Infor­ma­tio­nen sind in EPDs ent­hal­ten und dadurch öffent­lich ver­füg­bar – denn nur die gleich­zei­ti­ge Berück­sich­ti­gung mög­lichst aller Umwelt­wir­kun­gen kann zu wirk­lich nach­hal­ti­gen Lösun­gen führen.

Die Öko­bi­lanz eines Gebäu­des setzt sich im Wesent­li­chen aus zwei Tei­len zusam­men: den Öko­bi­lan­zen aller ver­wen­de­ten Bau­pro­duk­te und ‑mate­ria­li­en sowie dem Ener­gie­ver­brauch wäh­rend der Nut­zungs­pha­se des Gebäu­des. So kön­nen – wie auch bei ein­zel­nen Pro­duk­ten – die Umwelt­wir­kun­gen eines kom­plet­ten Gebäu­des wäh­rend sei­nes gesam­ten Lebens­zy­klus berech­net wer­den, also von der Gewin­nung und Pro­duk­ti­on der Mate­ria­li­en über den Bau und die Nut­zungs­pha­se bis hin zum Rück­bau des Gebäudes.

Die Berech­nung der Öko­bi­lanz eines Gebäu­des wäh­rend sei­ner Pla­nungs­pha­se ermög­licht es, ver­schie­de­ne Mate­ria­li­en und Kon­zep­te aus öko­lo­gi­scher Sicht zu ver­glei­chen und so das Gebäu­de zu opti­mie­ren. Wäh­rend der direk­te Ver­gleich von ver­schie­de­nen Bau­pro­duk­ten und deren Öko­bi­lan­zen in der Regel wenig sinn­voll ist (sie­he 1. Das Pro­blem beim Pro­dukt­ver­gleich), ist ihr Ver­gleich im Rah­men von Gebäu­de-Öko­bi­lan­zen hin­ge­gen eine wesent­li­che Grund­la­ge für die Pla­nung nach­hal­ti­ger Bau­wer­ke. In eini­gen Zer­ti­fi­zie­rungs­sys­te­men für nach­hal­ti­ge Gebäu­de sind Öko­bi­lan­zen des­halb ver­pflich­tend (z. B. bei der Deut­schen Gesell­schaft für Nach­hal­ti­ges Bau­en (DGNB) [https://www.dgnb.de/de/verein/system]).

Wie Gebäu­de­zer­ti­fi­zie­run­gen funk­tio­nie­ren und wel­che Rol­le EPDs dabei spie­len, zeigt unser zwei­tes Erklärvideo.

Betrach­tet man die Umwelt­ein­wir­kun­gen eines Gebäu­des über sei­nen Lebens­zy­klus, fal­len zwei Pha­sen beson­ders ins Gewicht: die Nut­zungs­pha­se, also der lau­fen­de Betrieb, und die Kon­struk­ti­ons­pha­se, die auch die Gewin­nung und Her­stel­lung der Mate­ria­li­en beinhal­tet. Moder­ne Gebäu­de wer­den immer ener­gie­ef­fi­zi­en­ter: Sie ver­brau­chen weni­ger Ener­gie im lau­fen­den Betrieb, wodurch sich auch ihr Gesamt­ener­gie­be­darf ver­rin­gert. Dadurch ver­schie­ben sich die pro­zen­tua­len Antei­le, den die Nut­zungs­pha­se und die Kon­struk­ti­ons­pha­se am Gesamt­ener­gie­be­darf haben – und damit auch ihre Antei­le an den Umwelt­wir­kun­gen des Gebäudes.

Zum Bei­spiel ver­ur­sacht der Ener­gie­be­darf im lau­fen­den Betrieb bei älte­ren Gebäu­den (Bau­jahr vor 1977) mehr als 90 Pro­zent der gesam­ten Treib­haus­gas-Emis­sio­nen eines Gebäu­des – das heißt, dass dem­entspre­chend weni­ger als 10 Pro­zent der Treib­haus­ga­se auf die Kon­struk­ti­ons­pha­se zurück­zu­füh­ren sind. Bei moder­nen Nied­rig­ener­gie-Gebäu­den ist der Ener­gie­be­darf im lau­fen­den Betrieb deut­lich gerin­ger – und damit auch die Treib­haus­gas-Emis­sio­nen ins­ge­samt –, sodass die Nut­zungs­pha­se nur noch für etwa 60 Pro­zent der Treib­haus­ga­se ver­ant­wort­lich ist und die Kon­struk­ti­ons­pha­se ent­spre­chend für 40 Pro­zent. Der Ein­fluss, den die Kon­struk­ti­ons­pha­se auf die (ins­ge­samt gerin­ge­ren) Umwelt­wir­kun­gen des Gebäu­des hat, hat sich also ver­dop­pelt. Bei einem wirk­li­chen Null­ener­gie-Gebäu­de wür­de die Kon­struk­ti­ons­pha­se sogar 100 Pro­zent der gesam­ten Treib­haus­gas-Emis­sio­nen ausmachen.

Mit stei­gen­der Ener­gie­ef­fi­zi­enz wächst auch der rela­ti­ve Ein­fluss der Kon­struk­ti­ons­pha­se – und damit steigt auch die Bedeu­tung von EPDs, denn nur die­se ermög­li­chen eine wis­sen­schaft­li­che und zuver­läs­si­ge Bewer­tung der Kon­struk­ti­ons­pha­se und der mit ihr ver­bun­de­nen Umwelteinflüsse.

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Dia­gramm: Sche­ma­ti­sche Dar­stel­lung der Ent­wick­lung der Treib­haus­gas­emis­sio­nen von Gebäu­den im Lau­fe der Zeit. EnEV: Ener­gie­ein­spar­ver­ord­nung des jewei­li­gen Jahres.

Das Insti­tut Bau­en und Umwelt e.V. (IBU) ist eine Ver­ei­ni­gung von Bau­pro­dukt-Her­stel­lern, die sich seit über 30 Jah­ren dem nach­hal­ti­gen Bau­en ver­schrie­ben haben. In Zusam­men­ar­beit mit Bau- und Umwelt­be­hör­den in Deutsch­land und auf Basis inter­na­tio­na­ler Nor­mung hat das IBU ein EPD-Pro­gramm für Deutsch­land erarbeitet.

Eine der wich­tigs­ten Auf­ga­ben des IBU ist es, für die gleich­blei­bend hohe Qua­li­tät und Ver­gleich­bar­keit von EPDs zu sor­gen. Ein Kern­be­reich sei­ner Arbeit ist dabei die Umset­zung von inter­na­tio­na­len Nor­men in kon­kre­te Anlei­tun­gen für die EPD-Erstel­lung und in kla­re Richt­li­ni­en für ver­schie­de­ne Grup­pen von Bau­pro­duk­ten. Das IBU sorgt auch dafür, dass EPDs online ver­öf­fent­licht wer­den und vor ihrer Ver­öf­fent­li­chung von unab­hän­gi­gen Exper­ten über­prüft wer­den. Außer­dem infor­miert und unter­stützt das Team des IBU die Bau­pro­duk­t­her­stel­ler, beant­wor­tet alle Fra­gen zur EPD-Erstel­lung und beglei­tet den gesam­ten Prozess.

Das IBU betei­ligt sich an ver­schie­de­nen Gre­mi­en und Netz­wer­ken, um nach­hal­ti­ge Ent­wick­lun­gen vor­an­zu­trei­ben und hat sich das Ziel gesetzt, sowohl die Bau­bran­che als auch die Öffent­lich­keit im All­ge­mei­nen stär­ker für nach­hal­ti­ges Bau­en zu sensibilisieren.

Wie funk­tio­niert das EPD-Pro­gramm beim IBU: https://ibu-epd.com/epd-programm/

Zu den ver­öf­fent­li­chen EPDs: https://ibu-epd.com/veroeffentlichte-epds/

Was ist Nach­hal­ti­ges Bau­en? https://ibu-epd.com/nachhaltiges-bauen

Detail­lier­te­re Beschrei­bung des Kon­zepts der Öko­bi­lan­zie­rung https://ibu-epd.com/oekobilanzierung

Aus­führ­li­che­re Beschrei­bung des IBU https://ibu-epd.com/ibu

Die Mit­glie­der des IBU https://ibu-epd.com/mitglieder/ibu-mitglieder

Anmel­dung zu unse­rem News­let­ter https://ibu-epd.com/service/newsletter

 

Erklär­vi­de­os

Video: Was ist eine EPD?

 

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Video: Mit EPDs vom Bau­pro­dukt zum nach­hal­ti­gen Gebäude