Nachhaltige Entwicklung
Geschichte & Prinzip der Nachhaltigkeit
„Nachhaltigkeit“ als Begriff und Konzept des verantwortungsbewussten Umgangs mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen geht auf den sächsischen Berghauptmann Hans Carl von Carlowitz zurück. In seinem 1713 erschienenen forstwirtschaftlichen Werk „Sylvicultura oeconomica“ formulierte Carlowitz erstmals das Prinzip der Nachhaltigkeit zur langfristigen Sicherung des Holzbedarfs. Sein Leitgedanke: Nur so viel Holz zu entnehmen wie auch nachwachsen kann, sodass dauerhaft ausreichend Holz zur Verfügung steht.
Im 20. Jahrhundert markierte die Studie zu den “Grenzen des Wachstums” vom Club of Rome (u.a. Dennis Meadows) 1972 einen wichtigen Meilenstein für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der globalen Entwicklung bezogen auf Herausforderungen wie beispielsweise Bevölkerungswachstum Ressourcen- und Nahrungsmittelverknappung oder Umweltzerstörung.
Die grundlegende Definition zur Nachhaltigen Entwicklung wurde 1987 von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (World Commission on Environment and Development (WCED)) der UN im Zukunftsbericht „Our Common Future“ (Unsere gemeinsame Zukunft“) etabliert. Der auch als „Brundtland-Bericht“ liefert als Leitbild einer Nachhaltigen Entwicklung:
“Eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“
Mit dem Brundtlandt-Bericht und der 1992 folgenden UN Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (auch als Erdgipfel oder Rio-Konferenz bekannt) verankerte sich diese Definition zur Nachhaltigkeit, bei der soziale, ökologische und ökonomische Ziele gleichrangig angestrebt werden, als Fundament für folgen de globale politische Strategien. Wichtige Ergebnisse der Rio-Konferenz sind unter anderem die Agenda 21 als Leitpapier zur Nachhaltigen Entwicklung und die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC).
Der Ansatz der Gleichwertigkeit und Gleichzeitigkeit von Ökologie, Ökonomie und Sozialem wurde als Drei-Säulen-Modell u.a. von der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages 1998 weiter festgeschrieben.
Politische Ziele der UN: Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)
Die Milleniums-Entwicklungsziele (Millenium Development Goals, kurz: MDGs) bildeten von 2000 bis 2015 den Rahmen für die weltweite Entwicklungspolitik. Mit acht Zielen wurden erstmals überprüfbare Zielwerte für den Erfolg von Entwicklungszusammenarbeit festgelegt. Vor Ablauf der MDGs gab es eine mehrjährige Verhandlungsphase, die mit dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York im September 2015 abgeschlossen wurde. Mehr als 150 Staats- und Regierungschefs sowie viele Ministerinnen und Minister und führende Politiker waren an diesem Weltgipfel beteiligt und die Vereinten Nationen einigten sich im Rahmen der Agenda 2030 auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung.
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung führt die zuvor voneinander getrennten UN-Prozesse zu Nachhaltigkeit und Entwicklung zusammen. Dabei geht es zum einen um den Prozess, der mit dem Weltgipfel in Rio de Janeiro 1992 angestoßen wurde. Zum anderen um den Prozess, der mit der Verabschiedung der MDGs angestoßen wurde. Grundgedanke der Agenda 2030 ist, dass eine nachhaltige Entwicklung und wahres Wohlergehen – jenseits des reinen Materialismus – nur möglich sind, wenn Umwelt und Klima geschützt und erhalten werden. Wenn alle Menschen gleichberechtigt sind und niemand ausgebeutet wird.
17 Ziele mit 169 Zielvorgaben lösen die MDGs ab und sollen von Januar 2016 bis Dezember 2030 erreicht werden. Sie werden als Globale Ziele bzw. als Sustainable Development Goals (SDGs) bezeichnet, die konkrete und überprüfbare Zielsetzungen für eine nachhaltigere Entwicklung vorgeben.
Die Umsetzung der Agenda 2030 in und durch Deutschland
Die Agenda 2030 gilt für Industrieländer, Schwellen- und Entwicklungsländer gleichermaßen. Alle UN-Mitgliedsstaaten stehen in der Verantwortung, ihr Handeln danach auszurichten. Industrialisierte Länder tragen dabei eine besondere Verantwortung. Staaten wie Deutschland sind zudem aufgefordert, mit entsprechender Entwicklungszusammenarbeit andere Staaten bei der Umsetzung der Ziele in anderen Ländern zu unterstützen.
Die Agenda 2030 und die SDGs richten sich weltweit an Regierungen, an die Zivilgesellschaft, die Privatwirtschaft und an die Wissenschaft. So hat sich die deutsche Bundesregierung zur Umsetzung der Ziele der Agenda 2030 auf nationaler Ebene verpflichtet und die Weiterentwicklung ihrer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie (Erstauflage 2002, letzter Fortschrittsbericht 2012) beschlossen. Die im Januar 2017 verabschiedete Neuauflage wird als Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) bezeichnet. Sie beschreibt die Umsetzung der Agenda 2030 in und durch Deutschland und auch mit Deutschlands Partnerländern. Dabei wird nachhaltige Entwicklung als Gemeinschaftsaufgabe verstanden, die langfristiges gemeinsames Engagement aller Akteure erfordert. Dazu gehören Länder, Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.
Die DNS gliedert sich nach den 17 internationalen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen. Konkret geht es dabei z. B. um Armutsbekämpfung, Gleichberechtigung, verantwortungsvollen Konsum, Klimaschutz sowie Frieden und Gerechtigkeit. Um die Auswirkungen des Vorhabens einer nachhaltigen Entwicklung darstellen zu können, erfolgen Nachhaltigkeitsprüfungen mithilfe von klar definierten Indikatoren im Rahmen der DNS.
Die deutsche Bauwirtschaft setzt sich für Nachhaltigkeit ein
Ressourcenschonung, Schutz der Ökosysteme und Bekämpfung des Klimawandels sind – neben vielen anderen – Bestandteile des Indikatorensystems der DNS. Das Bauwesen bietet ein enormes Potential, da in diesem Bereich Ressourcen- und Energiebedarf sowie Treibhausgasemissionen und Abfallaufkommen besonders hoch sind. Dieser Verantwortung stellt sich die deutsche Bauwirtschaft u. a. durch den effizienten und umweltbewussten Einsatz von Ressourcen in der gesamten Wertschöpfungskette. Nachhaltigkeit im Bauwesen basiert auf dem Drei-Säulen-Modell. Neben ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Aspekten kommt der technischen Qualität und auch der Prozessqualität besondere Bedeutung zu. Das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) und andere Gebäudezertifizierungssysteme beschreiben und bewerten anhand standardisierter Kriterien die Qualität von Bauwerken hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit.
Beitrag des IBU zur Agenda 2030
Jedes einzelne im Gebäude verbaute Produkt beeinflusst die ökologische Qualität eines Bauwerks. Typ III-Umwelt-Produktdeklarationen (Environmental Product Declarations, kurz: EPDs) werden als Basis für die Bewertung der ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit herangezogen, denn sie geben Aufschluss über den Beitrag eines Bauproduktes zur Umweltqualität eines Gebäudes. Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte, die in EPDs abgebildet werden, spielen auch im Rahmen der europäischen Bauproduktenverordnung (BauPVO) eine Rolle. Zu deren Grundanforderungen gehört z. B., dass in Bezug auf Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz der gesamte Lebenszyklus eines Bauwerks zu betrachten ist. Die Freisetzung gefährlicher Stoffe in Böden und Gewässer sowie ins Trinkwasser werden darin ebenso berücksichtigt, wie die Freisetzung von Treibhausgasen oder anderen flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) in die Innen- oder Außenluft.
Die Bauprodukthersteller, die dem IBU als Mitglieder angehören, setzen sich für die Optimierung ihrer Prozesse und Produkte ein. Zum Beispiel im Hinblick auf den verantwortungsbewussten Umgang mit natürlichen Ressourcen, den Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme, den umweltgerechten Umgang mit Chemikalien, die Abfallreduzierung und Wiederverwertung. Somit trägt jedes im Gebäude verbaute Produkt, für das es eine EPD gibt, dazu bei, das Bauwerk hinsichtlich der ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit zu verbessern. Dass in diesem Zusammenhang das Thema Gesundheit eine wichtige Rolle spielt, hat das IBU frühzeitig erkannt. Demzufolge werden in den IBU-EPDs seit langem auch Gesundheitsaspekte adressiert. Und so leistet das IBU mit seinen engagierten Mitgliedern einen wichtigen Beitrag zur DNS und zur Agenda 2030.