Umweltkennzeichnungen – eine Typfrage!

Umweltkennzeichnungen dienen dazu, Anwendern umweltrelevante Informationen zu einem Produkt zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig sollen sie durch festgelegte Vergabekriterien und stetig steigende Anforderungen einen Anreiz schaffen, die Qualität von Produkten oder Produktinformationen kontinuierlich zu erhöhen. Mittlerweile haben sich auf dem Markt diverse Umweltzeichen etabliert, mit denen Hersteller ihre Produkte auf freiwilliger Basis kennzeichnen können. Wie aber unterscheiden diese sich und welche Vor- und Nachteile weisen die verschiedenen Typen von Umweltzeichen auf?

Jeder von uns hat sich im Alltag schon bewusst oder unbewusst mit Umweltkennzeichnungen beschäftigt. Insbesondere als Verbraucher vertrauen wir auf die Label, die uns in jedem Supermarkt und Baustoffcenter auf den Verpackungen begegnen. Als Besucher*in dieser Seite werden Sie sich auch umfangreich über Umwelt-Produktdeklarationen informiert und vielleicht sogar schon im Rahmen einer Gebäudezertifizierung hierauf zurückgegriffen haben. Gehen wir nun nochmal einen Schritt zurück und betrachten die Grundlagen der verschiedenen Umweltkennzeichnungen. Dies hilft, ihre Aussagefähigkeit auf Produkt- und Gebäudeebene einzustufen und ein für einen bestimmten Anwendungsbereich geeigneten Umweltzeichen-Typ zu bestimmen.

Typ-I-Umweltzeichen: verbraucherfreundlich und extern geprüft

Typ-I-Umweltzeichen dienen der einfachen Identifizierung von Produkten, die bestimmte umwelt- oder gesundheitsrelevante Anforderungen erfüllen. Welche Kriterien eine bestimmte Produktart erfüllen muss, wird vorab von einer herstellerunabhängigen Vergabestelle festgelegt. Anschließend können sich Hersteller um die Vergabe des Zeichens bewerben. Hierfür sind Unterlagen einzureichen, die die Einhaltung der festgelegten Kriterien nachweisen. Je nach Programm kann die Prüfung auch Werkbesichtigungen, Probenahmen und Laboruntersuchungen umfassen. Sofern alle Vergabekriterien eingehalten werden, wird der Hersteller berechtigt, das geprüfte Produkt mit dem jeweiligen Label zu kennzeichnen.

Der größte Vorteil von Typ-I-Umweltzeichen ist ihre Anwenderfreundlichkeit. Ein entsprechend ausgezeichnetes Produkt erfüllt die zum Vergabezeitpunkt geltenden Anforderungen. Typ-I-Umweltzeichen eignen sich daher vor allem für Produkte, bei denen ein direkter Vergleich verschiedener Produkte möglich und sinnvoll ist. Hierzu gehören unter anderem elektronische Geräte sowie Reinigungsmittel und andere Verbrauchsmaterialien.

Schwieriger ist die Bewertung der Vorteilhaftigkeit von Typ-I-Umweltzeichen für Baustoffe, da diese erst in Kombination ein fertiges „Produkt“, das Gebäude, ergeben. Hier können die Zeichengeber nur abschätzen, welche Kriterien auf Baustoff-Ebene auch im späteren Gebäude zu einem wohngesunden und umweltfreundlichen Gesamtergebnis führen. Die vermeintliche Einfachheit durch die reine Auszeichnung kann in diesen Fällen sogar hinderlich sein: Detaillierte Angaben, die auf Gebäudeebene von Nutzen wären, werden bei Typ-I-Umweltzeichen in der Regel nicht veröffentlicht.

Weitere Schwierigkeiten können aufgrund der mangelnden Vergleichbarkeit von Typ-I-Umweltzeichen auftreten, da jeder Zeichengeber eigene Kriterien und Prüfmethoden bestimmen kann. Zudem müssten Ausschreibende zunächst prüfen, ob die im jeweiligen Label bewerteten Kriterien für das konkrete Bauprojekt überhaupt von Bedeutung sind und welche Label sich für welche Produktgruppe am besten eignen. Weiterhin ist zu bedenken, dass es einem Hersteller aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Label kaum möglich ist, alle für ein Produkt möglichen Zertifizierungen durchführen zu lassen. Es gibt daher viele Produkte, die die Anforderung eines Zertifikats zwar erfüllen würden, mit diesem jedoch aus Kostengründen nicht ausgezeichnet werden. Die Festlegung auf ein bestimmtes Label kann somit das zur Verfügung stehende Produktportfolio bereits in frühen Planungsphasen stark einschränken. Insbesondere in öffentlichen Ausschreibungen werden daher alternative Nachweise der Einhaltung bestimmter Vergabekriterien erlaubt. Dies erfordert jedoch eine umfangreiche Analyse der zugrundeliegenden Zertifikate und kann zu erheblichem Mehraufwand für Ausschreibende, Bauunternehmen und Hersteller führen.

Der Blaue Engel ist das Umweltzeichen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Er wird von der RAL gGmbH vergeben und kennzeichnet über 12.000 umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen. Die derzeit bewerteten Produktgruppen umfassen unter anderem Möbel, Putzmittel, Elektrogeräte, Papier, Fahrzeuge sowie unterschiedliche Baustoffe, z. B. Farben, Bodenbeläge und Dämmstoffe.

Typ-II-Umweltzeichen: umweltbezogene Anbietererklärungen

Möchte ein Hersteller, Herstellerverband oder Händler auf spezifische umwelt- oder gesundheitsrelevante Produkteigenschaften aufmerksam machen, kann er seine Produkte mit einem Umweltzeichen des Typs II auszeichnen. Bei dieser sogenannten Selbstdeklaration erfolgt keine unabhängige Prüfung und Bewertung. Dennoch gilt auch hier kein „rechtsfreier Raum“. Bei Typ-II-Umweltzeichen sind die Vorgaben der DIN EN ISO 14021 einzuhalten. Diese definiert unter anderem Anforderungen an Produkte, die mit einem geschützten Begriff gekennzeichnet werden. Zu diesen Begriffen gehören beispielsweise „kompostierbar“, „zerlegbar konstruiert“, „recyclingfähig“, „reduzierter Energieverbrauch“ und „nachfüllbar“. Zudem sind unspezifische Aussagen wie „umweltfreundlich“, „grün“ oder „ohne Emissionen“ nicht gestattet. Auch die Verwendung des Worts „nachhaltig“ im Zusammenhang mit Typ-II-Umweltzeichen wird in der Norm explizit verboten, da es für den komplexen Themenbereich der Nachhaltigkeit kein Verfahren zur Messung und Bewertung auf Produktebene gibt.

Neben den bereits oben beschriebenen Nutzen von Labeln als verbraucherfreundliche und übersichtliche Kennzeichnung bieten Typ-II-Umweltzeichen den Vorteil, dass Hersteller mit Selbstdeklarationen sehr flexibel auf bestimmte Kundenwünsche und Marktanforderungen eingehen können: Während bei Typ-I-Umweltzeichen zuvor durch den Zeichengeber umfassende Vergaberichtlinien erstellt werden müssen, können Hersteller in ihren Anbietererklärungen auf unbürokratische Weise bestimmte Produkteigenschaften hervorheben – und diese bei eventuellen Produktionsänderungen auch zeitnah anpassen. Da Anbieter selbst bestimmen können, wie viele und welche Produktmerkmale sie hervorheben wollen, muss der Anwender jedoch genau prüfen, ob sich die gewählten Kriterien überhaupt auf von ihm gewünschte Eigenschaften beziehen. Mitunter kann es vorkommen, dass Hersteller durch die Auswahl bestimmter Merkmale von anderen Kriterien ablenken, die für Aspekte des Umwelt- und Gesundheitsschutzes viel bedeutender wären. Weiterhin wird die Einhaltung der Kriterien in der Regel nicht unabhängig geprüft, wodurch sich die Aussagefähigkeit der Anbietererklärungen im Vergleich zu den anderen Umweltzeichen deutlich verringert. Allerdings dürfen Hersteller selbstverständlich keine falschen oder irreführenden Angaben über ihre Produkte machen oder gegen grundsätzliche Vorgaben der DIN EN ISO 14021 verstoßen.

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Typ-II-Umweltzeichen können vom Anbieter frei gewählt und vergeben werden. Bei ihrem Einsatz sind jedoch die Anforderungen der DIN EN ISO 14021 einzuhalten. So darf das Drei-Pfeile-Symbol beispielsweise nur für Produkte verwendet werden, die nachweislich recycelt werden (links) oder einen nach festgelegten Vorschriften berechneten Recyclatanteil beinhalten (rechts).

Typ-III-Umweltzeichen – transparent, umfassend und unabhängig verifiziert

Das Ziel von Typ-III-Umweltzeichen nach DIN EN ISO 14025 ist die neutrale Bereitstellung und Kommunikation von Umweltinformationen. Im Gegensatz zu den vorgenannten Zeichentypen erfolgt hier keine Bewertung bestimmter Produkteigenschaften und es wird auch kein Zertifikat vergeben. Basis dieser sogenannten Umwelt-Deklarationen sind Ökobilanzen, bei denen der „ökologische Fußabdruck“ eines Produktes ermittelt wird. Die in einer Ökobilanz ermittelten Daten, beispielsweise zum Energiebedarf und Treibhauspotenzial, werden tabellarisch dargestellt und gegebenenfalls erläutert. Darüber hinaus können Typ-III-Umweltzeichen weitere Angaben, z. B. zu enthaltenen Inhaltsstoffen, zu relevanten Emissionen während der Nutzung und zur Nachnutzungsphase, enthalten. Welche Informationen für eine bestimmte Produktgruppe erforderlich sind und wie diese dargestellt werden sollen, wird vorab von dem jeweiligen Programmbetreiber festgelegt. Dieser organisiert auch eine unabhängige Prüfung der Produktinformationen vor ihrer Veröffentlichung. Für diese Verifizierung müssen Hersteller zum Beispiel Prüfzeugnisse anerkannter Institute einreichen. Auch die zugrundeliegende Ökobilanz muss in einem Hintergrundbericht ausführlich inklusive der Angabe aller relevanten Prozesse und Szenarien beschrieben werden. Hierbei sind einschlägige Normen und Regelwerke sowie spezifische Vorgaben der Programmbetreiber einzuhalten.

Ein wesentlicher Vorteil der Deklarationen ist, dass sie eine fundierte und freie Produktauswahl ermöglichen. Losgelöst von einem spezifischen Anwendungsbereich garantiert die unabhängige Verifizierung eine hohe Vertrauenswürdigkeit der enthaltenen Informationen. Zudem werden bei der Nutzung keine zusätzlichen Hintergrundinformationen benötigt. Alle umweltrelevanten Informationen werden transparent und übersichtlich dargestellt. Daher werden Umwelt-Produktdeklarationen auch in der Bauproduktenverordnung namentlich als Nachweisgrundlage zur Bewertung der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen auf Gebäudeebene genannt. Zudem können die enthaltenen Daten und Informationen als Bewertungsbasis für Gebäude-Zertifizierungssysteme und sogar für Umweltzeichen der Typen I und II dienen. Eine oft als Nachteil empfundene Eigenschaft von Typ-III-Umweltzeichen ist die ausbleibende Bewertung eines Produktes, denn grundsätzlich kann für jedes Produkt ein Typ-III-Umweltzeichen erstellt werden. Das Vorhandensein einer Deklaration sagt also noch nichts über die Umweltfreundlichkeit des Produktes aus. Der Anwender muss die enthaltenen Informationen demnach eigenständig auswerten und seine Schlüsse daraus ziehen. Dies ermöglicht ihm jedoch auch, eigene Bewertungsmaßstäbe anzulegen und die Produktauswahl auf für ihn relevante Eigenschaften zu stützen. Zudem werden Hersteller durch die Offenlegung ihrer Daten motiviert, sich mit Umweltaspekten zu befassen und die ökologische Qualität ihrer Produkte zu verbessern.

EPDs IBUUmwelt-Produktdeklarationen des Institut Bauen und Umwelt e. V. (IBU) sind Typ-III-Umweltzeichen nach DIN EN ISO 14025. Sie basieren auf einer Ökobilanz und enthalten zusätzliche Informationen zum Umwelt- und Gesundheitsschutz. An der Entwicklung des IBU-Deklarationsprogramms ist ein unabhängiger Sachverständigenrat beteiligt, dem Mitarbeiter unterschiedlicher Behörden, Ämter und Umweltverbände sowie renommierte Bauwissenschaftler angehören.  

Bisher wurden beim IBU über 1.600 von unabhängigen Dritten verifizierte Umwelt-Produktdeklarationen (Environmental Product Declarations – EPDs) veröffentlicht. Alle EPDs sind übersichtlich und einheitlich gegliedert, sodass Anwender schnell die von ihnen benötigten Informationen finden.

 

Die in diesem Beitrag vorgestellten Typen von Umweltkennzeichnungen weisen verschiedene Merkmale und Zielsetzungen auf. Die nachstehende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zusammen.

KriteriumUmweltzeichen
Typ I
„Umwelt-Label“
Umweltzeichen
Typ II
„Selbstdeklaration“
Umweltzeichen
Typ III
„Umwelt-Deklaration“
Primäre Zielgruppe Verbraucher (z.B. Bauherren)Verbraucher (z.B. Bauherren)Wirtschaftsakteure, z.B. Planer und Auditoren
ZielProduktbewertungProduktbewertungtransparente Informationsbereitstellung
Verwaltung durch Externe Drittejaneinja
Unabhängige Prüfungjaneinja
(intern oder extern – zwingend extern bei an Verbraucher gerichteten Informationen und z.B. bei IBU-EPDs)
InhaltPrüfung auf zuvor vom Zeichengeber festgelegte Kriterienaus Sicht des Anbieters hervorzuhebende umwelt- oder gesundheitsrelevante Eigenschaftenquantifizierte umweltbezogene Informationen
BeispieleBlauer Engel, CSC (Concrete Sustainability Council), Euroblume, FSC (Forest Stewardship Council), natureplusDrei-Pfeile-Symbol, diverse Verbandssiegel (z.B. Demeter)Umwelt-Produktdeklarationen

Fazit

Umweltkennzeichnungen leisten einen wertvollen Beitrag bei der Auswahl und Entwicklung umweltfreundlicher Bauprodukte. Ihre Anwendungsbereiche reichen von der übersichtlichen Verbraucherinformation bis hin zur Nachweisgrundlage bei Gebäudezertifizierungen. Bei der Bewertung einzelner Kennzeichnungstypen müssen der jeweilige Zweck und die zu bewertende Produktart berücksichtigt werden: Während Umweltzeichen der Typen I und II vor allem für Endprodukte (z. B. Elektrogeräte) geeignete Bewertungsmaßstäbe beinhalten und sich hier auch direkt als Leistungsnachweis eignen, können Umweltkennzeichen des Typs III als wichtige Nachweisgrundlage für Produkte dienen, deren endgültiger Zweck erst im Zusammenspiel erreicht wird, beispielsweise auf Gebäudeebene.