IBU-Stu­die zeigt: Der Ein­satz von Pro­duk­ten mit EPD wirkt sich posi­tiv auf die Grö­ße des öko­lo­gi­schen Gebäu­de­fuß­ab­drucks und die DGNB-Bewer­tung aus

Bei einer Gebäu­de­zer­ti­fi­zie­rung, bei­spiels­wei­se nach dem DGNB-Sys­tem, wird die Umwelt­freund­lich­keit eines Bau­werks unter ande­rem auf Basis sei­ner öko­bi­lan­zi­el­len Kenn­zah­len bewer­tet. Dabei kön­nen für die Gebäu­de-Öko­bi­lanz ent­we­der gene­ri­sche, weni­ger gut abge­si­cher­te Daten oder her­stel­ler­spe­zi­fi­sche und unab­hän­gig über­prüf­te Pro­dukt­da­ten aus Umwelt-Pro­dukt­de­kla­ra­tio­nen (Envi­ron­men­tal Pro­duct Decla­ra­ti­ons – EPDs) ver­wen­det wer­den. Im Rah­men einer vom Insti­tut Bau­en und Umwelt e.V.(IBU) beim Fraun­ho­fer-Insti­tut für Bau­phy­sik (IBP) in Auf­trag gege­be­nen Stu­die wur­de unter­sucht, ob und inwie­weit sich das Ergeb­nis der Gebäu­de-Öko­bi­lanz bei Ver­wen­dung von EPD-Daten im Ver­gleich zu gene­ri­schen Daten ver­bes­sert. Zudem wur­de ermit­telt, wie sich die unter­schied­li­che Daten­ba­sis auf die DGNB-Bewer­tung der ein­zel­nen Umwelt­in­di­ka­to­ren eines Gebäu­des auswirkt.

Ein­fluss der Bau­pro­duk­te auf die Gebäu­de-Öko­bi­lanz steigt

Die Öko­bi­lanz eines Gebäu­des, also des­sen öko­lo­gi­scher Fuß­ab­druck, setzt sich aus den Umwelt­wir­kun­gen der Bau­sub­stanz (u. a. Roh­stoff­ab­bau, Her­stel­lung, Instand­hal­tung und Ent­sor­gung) und dem Auf­wand für den Betrieb des Gebäu­des (z. B. Strom- und Wär­me­be­darf) zusam­men. Bei Gebäu­den mit hohem Ener­gie­be­darf wer­den die Gesamt­um­welt­ein­wir­kun­gen durch die Nut­zungs­pha­se domi­niert. Bei soge­nann­ten „3‑Li­ter-Häu­sern“ hin­ge­gen ist das Ver­hält­nis zwi­schen Bau­sub­stanz und Nut­zungs­pha­se annä­hernd aus­ge­gli­chen. „Je ener­gie­ef­fi­zi­en­ter die Gebäu­de wer­den, des­to höher wird der Anteil der Bau­sub­stanz an den Umwelt­aus­wir­kun­gen des Gebäu­des“, erklärt Stu­di­en­au­tor Dr. Johan­nes Gant­ner. „In der Fol­ge wird die Bedeu­tung der Bau­stof­fe wei­ter zuneh­men und die Aus­wahl der Mate­ria­li­en rückt stär­ker in den Fokus von Pla­nern und Bauherren.“

Umwelt-Pro­dukt­de­kla­ra­tio­nen (EPDs) sind gene­ri­schen Daten vorzuziehen

Bei den Öko­bi­lanz-Daten­sät­zen wird zwi­schen gene­ri­schen Daten und her­stel­ler­spe­zi­fi­schen EPD-Daten unter­schie­den. Gene­ri­sche Daten wer­den auf Basis von all­ge­mein zugäng­li­chen Sta­tis­ti­ken und ande­ren Lite­ra­tur­quel­len berech­net und bei­spiels­wei­se in der ÖKOBAUDAT, einer Öko­bi­lanz-Daten­bank des Bun­des, bereit­ge­stellt. Die­se sind mit einem hohen Unsi­cher­heits­fak­tor ver­se­hen und wur­den ins­be­son­de­re zu Beginn der Nach­hal­tig­keits­be­wer­tung von Gebäu­den genutzt, als nur weni­ge Her­stel­ler indi­vi­du­el­le Kenn­zah­len in Form von EPDs vor­wei­sen konnten.

Im Gegen­satz dazu basie­ren EPDs auf den tat­säch­li­chen Pro­duk­ti­ons­da­ten eines spe­zi­fi­schen Her­stel­lers bzw. einer Her­stel­ler­grup­pe. EPDs des IBU müs­sen vor der Ver­öf­fent­li­chung von einem unab­hän­gi­gen Drit­ten über­prüft wer­den; inso­fern ver­fü­gen die dar­in ent­hal­te­nen Öko­bi­lanz­da­ten über eine ver­gleichs­wei­se hohe Genau­ig­keit und soll­ten gemäß DGNB-Anfor­de­run­gen all­ge­mei­nen, gene­ri­schen Öko­bi­lanz­da­ten vor­ge­zo­gen werden.

Berech­nung der Öko­bi­lan­zen eines reprä­sen­ta­ti­ven Bürogebäudes

Basis der vom IBP durch­ge­führ­ten Unter­su­chung ist ein reprä­sen­ta­ti­ves Büro­ge­bäu­de in Mas­siv­bau­wei­se, für das vor­ab die Bau­pro­duk­te und der Ener­gie­be­darf für zwei Ener­gie­stan­dards („Stan­dard“ und „Zukunft“) ermit­telt wur­den. Für bei­de Gebäu­de­va­ri­an­ten wur­den die Umwelt­wir­kun­gen zunächst mit gene­ri­schen Daten aus der ÖKOBAUDAT (Stand 2016), berech­net. Für die ver­glei­chen­de Ana­ly­se wur­den die gene­ri­schen Bau­stoff­da­ten anschlie­ßend durch jene aus her­stel­ler­spe­zi­fi­schen EPDs ersetzt. Die Berech­nung der Aus­tausch­zy­klen und der Ener­gie­ver­bräu­che wur­de für den Betrach­tungs­zeit­raum von 50 Jah­ren, und damit gemäß den DGNB-Anfor­de­run­gen, durchgeführt.

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Abb. 1: Die Ermitt­lung der mög­li­chen Ein­spar­po­ten­tia­le durch Ver­wen­dung von EPDs erfolg­te in fünf Schrit­ten. ©Fraun­ho­fer-Insti­tut für Bau­phy­sik (IBP)

Ver­bes­se­rung der Ergeb­nis­se der Öko­bi­lanz bei Ver­wen­dung von EPDs

Die Ergeb­nis­se der Öko­bi­lanz aus den vier unter­such­ten Sze­na­ri­en (Ener­gie­be­darf „Stan­dard“ bzw. “Zukunft“ und Daten­ba­sis „ÖKOBAUDAT“ vs. „EPDs“) zei­gen, dass durch die Nut­zung von spe­zi­fi­schen EPD-Daten im Ener­gie­be­darfs­sze­na­rio „Stan­dard“ durch­schnitt­lich ca. 3–5 % gerin­ge­re Umwelt­wir­kun­gen aus­ge­wie­sen wer­den. Im Ener­gie­stan­dard „Zukunft“ steigt die­ser Effekt auf­grund des ver­rin­ger­ten Ein­flus­ses der Nut­zungs­pha­se je nach betrach­te­ter Umwelt­wir­kung auf ca. 5–7 % (Abb. 2a).
Dr. Johan­nes Gant­ner erläu­tert dazu: „Das Opti­mie­rungs­po­ten­zi­al durch den Ein­satz spe­zi­fi­scher EPDs ist ins­be­son­de­re durch den hohen Ein­fluss der Her­stel­lungs­pha­se begrün­det (vgl. Abb. 2b). Bei sin­ken­dem Nut­z­en­er­gie­be­darf der Gebäu­de zahlt sich der Ein­satz von Pro­duk­ten mit spe­zi­fi­schen EPDs also noch stär­ker aus.“

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Abb. 2: Durch die Nut­zung spe­zi­fi­scher EPD-Daten kön­nen im Lebens­zy­klus eines Gebäu­des (links) gerin­ge­re Umwelt­wir­kun­gen aus­ge­wie­sen wer­den als bei der Ver­wen­dung gene­ri­scher Daten. Der posi­ti­ve Effekt des Ein­sat­zes von EPDs zeigt sich ins­be­son­de­re bei allei­ni­ger Betrach­tung der Her­stel­lungs­pha­se der Bau­sub­stanz (rechts). ©Insti­tut Bau­en und Umwelt e.V. (IBU)

Bewer­tung der Öko­bi­lanz-Ergeb­nis­se nach DGNB

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Abb. 3: Die Ver­wen­dung von Pro­duk­ten mit spe­zi­fi­schen EPDs wirkt sich posi­tiv auf die Bewer­tung der Umwelt­in­di­ka­to­ren im Rah­men der Gebäu­de­zer­ti­fi­zie­rung nach DGNB aus. ©Insti­tut Bau­en und Umwelt e.V.

Neben der Berech­nung der Gebäu­de-Öko­bi­lan­zen beschäf­tig­ten sich die Autoren auch mit der Fra­ge, wie sich der Aus­tausch der gene­ri­schen Daten durch EPD-Daten auf die Bewer­tung inner­halb der Gebäu­de­zer­ti­fi­zie­rung auf Basis des von der Deut­schen Gesell­schaft für Nach­hal­ti­ges Bau­en (DGNB) ent­wi­ckel­ten Bewer­tungs­sys­tems aus­wir­ken wür­de. Hier­zu ermit­tel­ten sie die DGNB-Punkt­zah­len der ein­zel­nen Umwelt­in­di­ka­to­ren der rele­van­ten Öko­bi­lanz-Kri­te­ri­en. Je nach betrach­te­ter Umwelt­wir­kung kann im Sze­na­rio „Stan­dard“ durch den Ein­satz spe­zi­fi­scher EPD-Daten eine ca. 4–15 % höhe­re Bewer­tung bei den Check­lis­ten-Punk­ten erzielt wer­den (Abb. 3).

Im Sze­na­rio „Zukunft“ wirkt sich der der Aus­tausch der Öko­bi­lanz-Daten­ba­sis weni­ger stark aus. Durch die ener­gie­ef­fi­zi­en­te Bau­wei­se kön­nen hier auch unter Ver­wen­dung der gene­ri­schen Durch­schnitts­da­ten bes­te Bewer­tun­gen nahe den DGNB-Ziel­wer­ten erreicht wer­den. Es muss aller­dings berück­sich­tigt wer­den, dass die DGNB ihrer­seits ste­tig höhe­re Anfor­de­run­gen an die Ener­gie­ef­fi­zi­enz der Gebäu­de stellt. Bei einer zukünf­ti­gen Anpas­sung der Bench­marks wird dadurch auch für Gebäu­de mit zukunfts­wei­sen­dem Ener­gie­stan­dard wie­der ein höhe­rer Ein­fluss der ver­wen­de­ten Öko­bi­lanz-Daten zu ver­zeich­nen sein.

Hans Peters, Vor­stands­vor­sit­zen­der des IBU, zeigt sich zufrie­den mit den Ergeb­nis­sen: „Durch die Stu­die konn­te ein­deu­tig nach­ge­wie­sen wer­den, dass sich der Ein­satz von spe­zi­fi­schen EPDs in Gebäu­de-Öko­bi­lan­zen aus­zahlt. Die Ent­wick­lun­gen im Bereich des ener­gie­ef­fi­zi­en­ten Bau­ens wer­den dazu füh­ren, dass sich die heu­te schon deut­lich sicht­ba­ren posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen der Ver­wen­dung von EPDs zukünf­tig wei­ter erhö­hen. Dies ist ein wich­ti­ges Signal an unse­re Mit­glie­der und alle am Bau Interessierten.“

Die voll­stän­di­ge Stu­die kann hier her­un­ter gela­den werden.